Demand Creation: Entstehung des B2B Lead Fluches

August 7, 2024
by
Kevin Sturm
in
B2B Marketing

Demand Creation als Teil von Demand Generation ist im B2B Marketing in aller Munde. Doch wie entstand eigentlich der Begriff Demand Creation? Was genau hat Demand Creation mit dem Demand Waterfall Modell zu tun und welche wichtige Rolle spielte HubSpot in der Entstehung?

Die Ursprünge von Demand Creation

Im Jahr 2006 findet sich Demand Creation als Kategorie bereits auf der Webseite von SiriusDecisions, einer US B2B Research und Consulting Firma, die später von Forrester übernommen wurde (Quelle):

2010 veröffentlichte SiriusDecisions ein Whitepaper mit dem Titel Demand Creation: Five Metrics That Matter. Im Zentrum des Artikels stand folgende Überlegung:

“For every marketing leader, there comes a moment of truth. This moment – whether it is in front of your chief executive officer, product management, your board of directors or your senior sales counterpart – will be defined by the answer to one simple question. What benefit has your function brought to the organization? And while the systematic building of reputation is certainly important, the answer that all of these audiences are truly looking for has to do with how your strategic plan and tactical mix has helped contribute to topline revenue; they want to know how effectively marketing is helping to create demand”

Die Kernfrage war damit schon immer, wie (und ob überhaupt) B2B Marketing Abteilungen ROI erzeugen. Und B2B Marketing Leader mussten sich bereits damals für ihre Daseinsberechtigung rechtfertigen (als Geschäftsführer einer B2B Marketing Agentur kommt mir das nur allzu bekannt vor).

Korrekte Deal-Attribution zwischen Marketing und Sales war übrigens schon damals ein Streitpunkt, wie der Kolumnist Harry J. Abramson in einem lesenswerten Artikel aus dem Jahr 2010 schreibt: Demand Creation is too often Exaggeration. Everyone wants to take the credit, but who deserves it?

Das SiriusDecisions Demand Creation Waterfall Modell

Erstmals im Jahr 2002 veröffentlicht, avancierte der Demand Waterfall Funnel schnell zum Goldstandard im B2B Marketing und sollte Marketing Teams dabei helfen, ihren Beitrag zum Unternehmensumsatz zu beweisen. Die erste Version des Frameworks ist in seinen Grundzügen auch 20 Jahre später noch die Grundlage vieler B2B Marketing Strategien (Quelle):

Damit waren auch die wichtigsten Funnel-Metriken wie Marketing Qualified Leads (MQLs) oder Sales Qualified Leads (SQLs) geboren.

2012 veröffentlichte SiriusDecisions dann den Rearchitected Demand Waterfall, der den B2B Funnel nun granularer betrachtete:

Neu wurden Lead Scoring Schwellwerte festgelegt, um Leads “automatisch” zu qualifizieren und so eine höhere Leadqualität sicherzustellen. Zudem wurden Telesales und auch Outbound Aktivitäten ins Framework eingebunden.

Eine SiriusDecisions Präsentation aus dem Jahr 2014 erlaubt einen Einblick hinter die Kulissen des Frameworks: 

Im Fokus standen Annahmen zu Conversion-Rates von Stufe zu Stufe, um schlussendlich eine bestimmte Anzahl Deals zu gewinnen und Umsatzziele zu erreichen. Der Funnel war linear und die Annahme war, dass MQLs mittels “Nurturing” in SALs (Sales Accepted Leads) konvertieren.

Kontaktinformationen, wie die E-Mail-Adressen von Leads, hatten damals immer noch eine grosse Bedeutung für Marketing- und Sales Teams. 

Es gab keine umfassenden Lead-Datenbanken wie Apollo oder Rocketreach. Deshalb machte es für B2B Unternehmen auch Sinn, hochwertigen Content nur nach Offenlegung der E-Mail Adresse zu teilen (Gated Content).

Potenzielle Käufer hatten zu dieser Zeit auch deutlich weniger Alternativen, um selbstständig Recherche über ein Produkt- oder eine Servicelösung zu betreiben. Viele Inhalte waren proprietär und wurden nur “nach Bedarf” (respektive Leadqualifizierung) von den Unternehmen zur Verfügung gestellt.

Das Demand Creation Waterfall Konzept erinnert auch stark an die Predictable Revenue Sales-Philosophie, die auch aus derselben Zeit stammt (2011).

Was auf jeden Fall klar ersichtlich wird: Marketing Teams hatten auf einmal MQL Targets, in der Hoffnung, dass diese in Sales Opportunities konvertieren.

“The first major revision, the 2012 ‘Rearchitected Waterfall’, was built around this assumption that the whole reason for marketing (and junior sales) existing is purely for lead generation and filling the funnel. This aligned with SiriusDecisions' wider thinking, which did indeed see marketing as all about lead generation [...]” (Quelle)

Somit wurden B2B Marketing Teams, die unter dem Waterfall Modell operierten, bereits vor über 10 Jahren dazu verdammt, zu einer MQL-Leadfabrik für den Vertrieb zu mutieren. 

HubSpot Inbound Marketing und das Demand Waterfall Modell

Im Jahre 2006, also nur wenige Jahre nach der Vorstellung des Demand Waterfall Frameworks 2002, wurde HubSpot gegründet. Bereits 2007 wurde HubSpot als Inbound Marketing Lösung positioniert (Quelle):

Um diese Zeit änderte sich das Konsumverhalten durch neue Technologien (Quelle):

People were turning to new forms of media, which meant they were turning to new forms of advertising. Music was being streamed. Online video was being watched. People were relying on the opinions of real people, over the television. So, companies had to adapt. They had to get consumers to market for them, not just purely to them. Woah, the HubSpot duo had just invented the basis of inbound marketing

HubSpot passte damals mit der Inbound Methode perfekt zum herrschenden Demand Creation Waterfall - Zeitgeist (Quelle, 2010 - meine Anmerkungen in blau):

Und HubSpot wuchs mit der eigenen Methode rasant, wie Lenny Rachitsky schreibt:

At that time, [co-founder] Dharmesh [Shah] had been creating content and building a community through OnStartups. Through that site’s success, both Dharmesh and [co-founder] Brian [Halligan] saw how much of an audience you could grow to your content if it provided value. It’s how inbound marketing came to be—create assets of value for your audience vs. pay money to interrupt them via traditional advertising.

Content Marketing und Gated Content als Teil der DNA von Demand Creation waren somit das perfekte Vehikel, um Inbound Leads zu generieren und damit MQL Ziele zu erreichen.

Moderne Demand Creation

Heute ist Demand Creation beliebter denn je, wie eine globale Google Trend Suche eindrucksvoll belegt:

Und nach wie vor hat Demand Creation als Gegenstück von Demand Capture einen hohen Stellenwert in jeder B2B Strategie zur Leadgenerierung

Demand Creation ist auf jeden Fall nicht neu, sondern hat höchstens von einer neuen Generation B2B Marketer einen anderen Anstrich bekommen und erlebt gerade ein Revival.

Vorausdenkende Marketers wie Chris Walker von Refine Labs (der übrigens auch zu Gast auf unserem Podcast war) versuchen seit Jahren, Demand Creation vom alten Wasserfall-Modell zu loszulösen. 

Daten aus meinen eigenen Kundenprojekten sprechen dieselbe Sprache: MQLs konvertieren kaum in zahlende Kunden und die Conversion Rates vom MQL zu SQL sind trotz Nurturing bei den meisten B2B Firmen extrem schlecht.

Moderne B2B Revenue Marketer verstehen, dass die Customer Journey von Awareness bis zum Kauf chaotisch abläuft und kein linearer Waterfall Funnel darüber gestülpt werden kann. Moderne Demand Generation trägt den realen Bedürfnissen der Kunden Rechnung und ermöglicht einen möglichst einfachen und reibungslosen Informationszugang ohne Formular-Barrieren wie bei Gated Content der Fall.

Wer hat diesen Artikel verfasst?
Wir sind Growth Bay, eine B2B Growth Marketing Agentur mit Sitz in Zürich in der Schweiz.
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