B2B Marketing-Kommunikation - ein ehrlicher Ansatz

March 6, 2025
by
Fabian Ruetschi
in
B2B Marketing

In Abstimmung mit einer funktionierenden Produkt-, Preis- und Distributionspolitik kann Marketingkommunikation ein wichtiger Erfolgsfaktor für Unternehmen in B2B-Märkten sein. Neben einem Bewusstsein für B2B-Eigenheiten bedarf es auch spezifischer Expertise bei der Planung und Umsetzung der Marketingaktivitäten.

Wie im B2C- bzw. Konsumgütermarketing verfolgt B2B-Marketing, oft auch Investitionsgütermarketing genannt, ein Hauptziel: die Marktposition eines Unternehmens zu stärken. Auch im B2B-Bereich können die Instrumente der Marketingkommunikation nur dann dazu beitragen, wenn die anderen Marketingdisziplinen wie Produkt-, Preis- oder Distributionspolitik funktionieren. Bei der Zielerreichung zeigen sich jedoch fundamentale Unterschiede zwischen B2C und B2B:

  • B2B-Unternehmen bedienen Unternehmen, die in der Regel nicht Endkunden sind.
  • Die Zielmärkte sind meist relativ klein und decken spezifische Bedürfnisse ab.
  • Der Vertriebsprozess gestaltet sich langwierig über diverse Interaktionen.
  • Nicht Individuen, sondern sog. Buying Centers treffen die Kaufentscheidungen.
  • Nicht emotionale, sondern oft rationale, technische Aspekte geben den Ausschlag.

Pfeiler 1: Bewusstsein über den verfügbaren Markt (95/5-Regel)

Auch im digitalen Zeitalter müssen B2B-Unternehmen diesen Eigenheiten Rechnung tragen. Denn trotz aller modernen Tools für Kampagnensteuerung, Performance-Messung, Automatisierung usw. bleibt B2B Marketingkommunikation eine spezifische, verdammt anspruchsvolle Aufgabe. Verdammt anspruchsvoll, weil der Erfolg ein hohes Mass an Geduld, Hartnäckigkeit und Expertise abverlangt. Die sog. 95-5 Faustregel illustriert warum:

In B2B-Märkten ist immer nur ein relativ kleiner Teil des Marktes verfügbar. Zur Generierung von Anfragen/ Leads muss die Marketingkommunikation daher differenzierte Botschaften für "Current Buyers/ In Market" und "Future Buyers/ Out Market" ausarbeiten (Quelle)

Die grosse Mehrheit der B2B-Güter haben einen relativ hohen Preis und bleiben relativ lange im Einsatz. Potentielle Käufer erwerben solche Produkte darum meist nicht häufig, sondern "nur" in ziemlich langen Zeitabständen. Die 95/5-Regel postuliert, dass nur jeweils 5 % eines potentiellen B2B-Marktes in einem Quartal auf "Einkaufstour" ist und potentielle Anbieter unter die Lupe nimmt.

Je nach Markt und Branche geht es vielleicht etwas schneller und es gilt eher eine 80/20- bzw. sogar 60/40-Regel. Fest steht, dass in B2B-Märkten immer nur ein kleiner Teil verfügbar ist und kurz- und mittelfristige Kaufabsichten hat. Ergo muss die Marketing- kommunikation gegenwärtige "Prospects" (Kauf in Aussicht) und künftige "Prospects" (Kauf wird dauern) mit differenzierten Botschaften und Kanälen ansprechen. Schliesslich ist es eine zentrale Marketingaufgabe, Anfragen (Leads) für den Vertrieb zu generieren.

Pfeiler 2: Verständnis des modernen Käuferverhaltens (70-80-Regel)

Bei den gegenwärtigen Prospects, den sog. "in-market-buyers", muss das moderne Käuferverhalten die entscheidende Determinante für die B2B-Marketingkommunikation sein. Ähnlich wie bei der 95/5-Regel verhalten sich kaufbereite, potentielle Kunden je nach Produkt, Branche usw. anders. Wie die folgende Grafik aufzeigt, besteht jedoch auch hier eine Gemeinsamkeit, die grundsätzlich auf allen B2B-Märkten zu beachten ist:

Laut unterschiedlichen Studien kontaktiert ein potentieller B2B-Käufer einen möglichen Verkäufer erst, wenn er 70% der Kaufentscheidung mittels eigener Recherche getroffen hat. Zudem bleiben 80% der Käufer beim zuerst kontaktierten Anbieter. Die Zahlen unterstreichen die Bedeutung von qualitativ hochstehenden, auf das Buying Center zugeschnittenen Inhalten (Referenzen, Videos, Blogs usw.).
(Quelle)

Verschiedene Studien kommen zum Schluss, dass "in-market buyers" rund 70% der Kaufentscheidung getroffen haben, wenn Sie mit potentiellen Anbietern in Kontakt treten. Sie wollen die Verfügbarkeit von Informationen im Internetzeitalter zur selbständigen Recherche nutzen, bevor Sie mit einem Verkäufer reden. Der Umstand, dass 80% der kaufbereiten "Prospects" den Zuschlag an den zuerst kontaktierten Anbieter erteilen, unterstreicht die entscheidende Bedeutung der verfügbaren Inhalte. Neben einer soliden MarCom Foundation spielen deshalb Instrumente wie Content Marketing und Demand Capture eine zentrale Rolle, um "in-market-buyers" zu "hot leads" werden zu lassen.

Pfeiler 3: Berücksichtigung des gesamten Buying Centers

Zur Überzeugung von sog. "out-market-buyers" (künftige Käufer) geht es hingegen in erster Linie darum, die Marke langfristig in die Poleposition zu bringen. Ebenfalls auf Basis einer soliden MarCom Foundation kann Demand Creation mit gezielten Brand- und Content-Marketing-Massnahmen dabei helfen, künftige Käufer zum gegebenen Zeitpunkt von "cold leads" zu "hot leads" werden zu lassen.

Egal ob eine Massnahme wie eine Success Story oder ein Whitepaper auf "in-market- buyers" oder "out-market-buyers" abzielt - B2B-Marketingkommunikation muss immer das gesamte Buying Center im Visier haben. Gartner stellt übersichtlich dar, wie unübersichtlich und komplex die Entscheidfindung im Buying Center abläuft:

Anders als die häufig verwendeten Funnel-Konzepte implizieren, folgt die Entscheidfindung in einem B2B-Buying Center keinem linearen Ablauf. Vielmehr sehen sich B2B-Anbieter mit einem vielstufigen, oft undurchsichtigen Entscheidgremium konfrontiert.
(Quelle)

B2B-Kaufentscheidungen laufen mehrheitlich nicht linear ab und lassen sich leider nicht verkäuferseitig durch einen sog. Funnel steuern. Die oben erklärte "70-80-Regel" besagt bereits, dass der Käufer im Fahrersitz ist. Unternehmensspezifische, dem Verkäufer meist unbekannte Entscheidungsprozesse auf Käuferseite verstärken diese einseitige Transparenz. In der Regel weiss der Verkäufer nur, dass eine Gruppe von Personen mit verschiedenen Rollen, Kenntnissen und Interessen entscheidet. Mittels einer profunden Analyse des Buying Centers und davon abgeleiteten Leitplanken für Tonalität, Themen und Kanäle kann die Marketingkommunikation dem gegensteuern.

Pfeiler 4: Knowhow für gängige B2B-Geschäftstypen

Die Komplexität von B2B-Eintscheidungsprozessen unterscheidet sich natürlich ebenfalls zwischen Firmen, Branchen usw. Eine Einteilung nach Geschäftstypen, die ähnliche Arten von B2B-Transaktionen zusammenfasst, unterstützt die Marketingkommunikation beim Management der Vielfalt. Eine geläufige Kategorisierung gestaltet sich wie folgt:

Eine gängige Kategorisierung teilt B2B-Transaktionen in vier Geschäftstypen ein. Je nach Typ rücken andere Disziplinen der Marketingkommunikation in den Fokus. Eine solide Basis, die sog. MarCom Foundation, ist in allen Geschäftstypen unabdingbar. Quelle: Backhaus / Voeth, Industriegütermarketing - Grundlagen des Business-to-Business-Marketings, Vahlen, 2014

Produktgeschäft (z.B. industrielles Messgerät) und Systemgeschäft (z.B. Cloud-Lösung) sind tendenziell durch relativ grosse, anonyme Märkte und kleinere (dafür häufigere) Transaktionssummen gekennzeichnet. Der Fokus auf eher wenige, wichtige Kunden mit grossen Abschlüssen prägen das Projektgeschäft (z.B. Industrieanlage) und das Integrationsgeschäft (z.B. Motor für Automobilindustrie). Projekt- und Produktgeschäft verbindet die Konzentration auf Einzelgeschäfte, System- und Integrationsgeschäft die Abfolge miteinander verbundener Geschäfte.

Je nach Geschäftstyp stehen andere Marketinginstrumente im Mittelpunkt. Beispielsweise fahren Unternehmen im Projektgeschäft mit einem starken Fokus auf dem sog. Account Based Marketing oft gut. Im Produktgeschäft bedarf es jedoch typischerweise der ganzen Klaviatur mit Content Marketing, Demand Creation, Demand Capture usw. In jedem Geschäftstyp ist eine solide MarCom Foundation unabdingbar. Es ist der Job der Marketingkommunikation, eine branchen- und firmenspezifische Strategie zu fahren.

Pfeiler 5: Eine B2B-kompatible Umsetzung

Eine durchdachte Strategie, die sowohl die Spezifität von Unternehmen und Geschäftstyp als auch die Diversität der Buying Centers im Blick hat, ebnet den Weg für eine wirksame Marketingkommunikation. Um ans Ziel zu gelangen, muss aber auch die Umsetzung gelingen. Ein stumpfer Rückgriff auf B2C-Konzepte führt definitiv in die Irre. B2B-Marketing- experten müssen B2B-spezifische Disziplinen beherrschen und einsetzen. Dazu zählen:

  • MarCom Foundation: Als Ableitung der Marketing-Strategie sind Kernbotschaften, Hauptkanäle (Website, Verkaufspräsentation etc.) zielgruppengerecht zu formulieren.
  • Content Marketing: Um die Käufer-Recherche (s. oben) positiv zu lenken, braucht es überzeugende Inhalte für alle Vertreter des Buying Centers und Verkaufsphasen.
  • Demand Creation: Mit dem Hauptziel, die "brand awareness" langfristig zu stärken, sollen "out-market-buyers" mittels Ads, Mailings usw. positive Assoziationen bilden.
  • Demand Capture: Zur Konvertierung von "in-market-buyers" zu "hot leads" sind "conversion tools" (Demos, ROI-Rechner usw.) und spezifische Inhalte notwendig.
  • Account Based Marketing (ABM): Speziell in Nischenmärkten führt kein Weg an der 1:1- bzw. 1:few-Ansprache ins Buying Center strategischer Zielkunden vorbei.

Gewiss, bei der Beurteilung von B2B-Marketingmassnahmen soll die Anzahl generierter Leads/ Anfragen eine wichtige Rolle spielen. Lead-Generierung darf aber kein Selbstzweck sein. Unter Umständen generieren wenige, qualitative "in-market-buyers"- Leads mehr Umsatz als viele belanglose Anfragen von "out-market-buyers". Es obliegt dem Marketing, die richtigen, optimalerweise umsatznahen KPIs zu definieren.

Gleiches gilt für die Überwindung der weitverbreiteten "inside-out"-Blockade. Oft sprechen B2B-Marketingformate eine zu produktlastige, einseitig technische Sprache. Da Buying Centers meist nicht nur aus Spezialisten bestehen, ist eine vielseitige Tonalität angezeigt. Damit gewinnt B2B-Marketingkommunikation strategische Relevanz jenseits der blossen Support-Funktion für den Vertrieb.

Eingebettet in eine B2B-kompatible Herangehensweise beflügelt Marketingkommunikation die Produkt-, Preis- und Distributionspolitik. Unter der Leitung von erfahrenen Spezialisten lassen sich Komplexität managen, die Kundensprache sprechen, die relevanten Resultate messen und die Ausrichtung mittels regelmässigen Audits neu justieren.

Wer hat diesen Artikel verfasst?
Wir sind Growth Bay, eine B2B Growth Marketing Agentur mit Sitz in Zürich in der Schweiz.
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Author: Fabian Ruetschi

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